Sechzehn.
Während andere Menschen, bei schönstem Wetter, am Rande der Talsperre spazieren, reinige ich den Boden, den ich später herausziehen werde. Während andere gut gelaunt, im Schatten der Bäume, die Natur betrachten, schmiede ich Pläne. Und während ich plane, lacht das Schicksal. So oder so ähnlich heißt es doch. Fast jede Sprache dieser Welt hält ein Sprichwort parat, welches die Sinnlosigkeit von Plänen angesichts der Unberechenbarkeit des Lebens beschreibt.
Ich kenne das. Als ich im Januar 2020 in meinen Kalender schaute, waren die Wochenenden der kommenden Monate nahezu nahtlos verplant. Etwas später erreichte das Coronavirus Deutschland und nur wenige Wochen später verhängte die Bundesregierung die ersten Maßnahmen, um dieses Virus einzudämmen. Es traten Regeln in Kraft, die das ganze Land vorrübergehend lahmlegten. Die Termine von Wochen wurden in wenigen Stunden ausnahmslos gestrichen. Ich hatte geplant und das Schicksal gelacht.
War das nun Pech? Oder war es Glück? Nun, Glück ist, meiner Meinung nach, immer auch eine Frage der Akzeptanz. Und Akzeptanz bedeutet, dem Leben so zu begegnen, wie es kommt. Akzeptanz besagt, dem Leben mit einem klaren Ja zu entgegen zu gehen, wobei dieses Ja nicht bedeuten muss, alles gut zu finden oder generell in eine „ist-mir-doch-egal-Stimmung“ zu verfallen. Dieses Ja bedeutet, die Wege des Lebens anzunehmen, so wie sie kommen. So, wie sie sind.
Diese Akzeptanz der Dinge führt zu einer besonderen Klarheit. Zu einer Klarheit, die es vermag, die Wahrnehmung zu schärfen. Und die Wahrnehmung der Dinge ist das, was wirklich wichtig ist. Wie sollen wir es schaffen, Lösungen zu finden, wenn unsere Wahrnehmung getrübt ist?
Allerdings, ich möchte es gestehen, diese Akzeptanz ist kein leichtes Unterfangen. Es ist eine schwierige Aufgabe, der wir uns tagtäglich stellen müssen, wenn wir möchten. Jeden Tag, vielleicht auch jede Nacht, spült der Fluss des Lebens uns neue Ereignisse zu, auf die wir mal mehr, mal weniger, meistens jedoch gar nicht, Einfluss nehmen können. Diese Ereignisse, die da kommen, betrachten wir unbewusst durch einen starken Filter, der unsere eigene Wahrnehmung verzerrt.
Wir blicken immer wieder durch diesen Filter, der aus Befürchtungen, Hoffnungen, Erwartungen und Wünschen besteht. Das führt dazu, dass jede und jeder bei gleicher Umgebung in seine eigene Welt schaut. So hat Schoppenhauer es einst ganz vortrefflich formuliert. Betrachten wir Ereignisse durch den Filter der Erwartungen, müssen wir Enttäuschungen in Kauf nehmen. Warum? Enttäuschungen setzen Erwartungen voraus. Tritt ein Ereignis entgegen unserer Erwartung ein, sind wir enttäuscht. Das mag frustrierend klingen, doch bedenkt man, dass jede Enttäuschung auch das Ende einer Täuschung ist, können wir dem Ganzen doch etwas Positives abgewinnen.
Was die Hoffnung betrifft, die stirbt bekanntlich zuletzt und glücklich sein können wir nur wunschlos. Die Angst, bzw. die Befürchtungen mit der wir Dinge zeitweilig betrachten, ist ein eigenes, großes Thema. Da ich aber merke, dass ich mich hier ein wenig in diese Thematik steigere, schreibe ich darüber ein anderes Mal. Erwarte es aber nicht, denn das könnte dich zur Enttäuschung führen.
Doch kurz noch zurück zu den Wünschen. Ein erfüllter Wunsch führt oftmals in die Leere, weil wir uns dann danach fragen, was als nächstes kommt. Ein unerfüllter Wunsch sorgt dafür, dass unser Ego sich immer wieder meldet und uns eintrichtern möchte, dass wir nicht glücklich sein können, solange wir dieses oder jenes nicht haben. Das bedeutet nicht, dass wir gar keine Wünsche haben sollten. Das wäre blöd. Nur sollten wir uns davon verabschieden anzunehmen, dass ein Wunsch uns glücklich machen kann.
Ich persönlich glaube, und Deine Ansicht kann natürlich eine ganz andere sein, ist, dass all die Ereignisse, die uns im Leben begegnen, keinerlei Bedeutung haben. Wir sind es, die diesen Dingen eine Bedeutung geben. Wir bestimmen, was wir sehen. Doch leider ist das oftmals ein unbewusster Vorgang, der meistens durch unser Ego gesteuert wird.
Noch einmal: Nichts und niemand hat eine Bedeutung für uns, bis wir selbst beginnen die Bedeutungen zu vergeben.
Ein Beispiel: Irgendwann beginnen wir Menschen zu mögen, weil wir sie kennenlernen und feststellen, dass sie (durch den Filter betrachtet) unsere Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen erfüllen. Doch wenn sie sich verändern und das eben nicht mehr tun, sind wir enttäuscht und verbannen diese Menschen wieder aus unserem Leben. Daran zerbrechen Freundschaften, Partnerschaften und Ehen. Doch sollten wir eben nicht vergessen, dass niemand dazu verpflichtet ist, unsere Erwartungen zu erfüllen, so wie wir niemanden gegenüber verpflichtet sind, seine Erwartungen gerecht zu werden.
Glück. Das ist immer eine Frage der Akzeptanz. Die Akzeptanz dessen, was ist. Wenn ich die Ereignisse des Lebens so annehme, wie sie kommen, bedeutet es, dass ich mit dem Leben einverstanden, im Einklang bin. Akzeptanz heißt das Leben so anzunehmen, wie es ist. Es bedeutet nicht, alles gut zu finden. Es heißt alles zu akzeptieren, wie es ist, ohne zu vergleichen.
Na gut. Ich habe mich verzettelt, bin ausgeufert und habe wahrscheinlich ein Thema angeschnitten, dass ich in seiner Komplexität nicht in ein paar Zeilen behandeln kann. Aber was soll ich sagen, es ist wie es ist. Nun werde ich mich mal wieder den Plänen widmen, denn wenn auch das Schicksal lachen mag, Pläne sind etwas Wunderbares, um ins Handeln zu kommen. Ich darf nur nicht erwarten, dass sie alle in Erfüllung gehen. Du musst gar nicht meiner Meinung sein, das erwarte ich nämlich auch nicht.