Sechsundzwanzig.

Der Weg gegen die Angst, führt immer durch die Angst. Es gibt keinen Umweg, keine Abkürzung, keine andere Möglichkeit. Du musst Dich in den Sturm begeben, um zum Auge des Hurrikane zu gelangen. Mutig zu sein, bedeutet nicht, keine Angst zu haben. Mut bedeutet, dass Du Deine Angst akzeptierst und ihr entgegen gehst. Mut heißt, die Angst zu spüren und es trotzdem zu tun. 

Schreiben lassen sich derartige Sätze leicht. Die Umsetzung allerdings, ist alles andere als das. Es ist schwer, sich seiner Angst zu stellen. Blicke ich auf die letzten vierzig Jahre zurück, jedenfalls zu den Momenten, an die ich mich erinnern kann, muss ich mir selbst eingestehen, viele Dinge aus Angst nicht getan zu haben. Manchmal waren es nur Kleinigkeiten, bei denen mir der Mut fehlte. Und wenn mir jemand anerkennend auf die Schulter klopfte und meinte, dass ich doch sehr mutig sei, schwieg ich. Sicherlich gab es Augenblicke, Situationen, in denen ich mir selbst meinen Mut bewiesen habe. Doch die Anzahl der Momente, in denen ich der Angst die Oberhand ließ, sind beträchtlich höher. 

Angst zu haben ist nichts, für das wir uns schämen müssen. Sie ist ein Gefühl und zählt neben Ekel, Freude, Trauer, Überraschung, Verachtung und Wut zu den sieben Grundemotionen, die jeder von uns in sich trägt. Als Alarmsystem dient die Angst dazu, uns und unseren Körper vor Gefahren zu bewahren. Im Grunde genommen ist die Angst daher ein überlebensnotwendiges Gefühl, welches unseren Verstand wach werden lässt. Stehen wir am Abgrund, sorgt die Angst dafür, dass wir nicht ungesichert weiter gehen. Werden wir angegriffen, löst die Angst einen Abwehr- oder Fluchtmechanismus aus. Angst zu haben kann etwas durchweg Gutes sein. 

Die Situationen, in denen Angst als Alarmsystem notwendig wurde, halten sich, in meinem Fall, in Grenzen. Vor einigen Jahren, in Howth, Irland, war die Angst ein gutes Werkzeug. Es war windig und der Weg, der an den hohen Klippen entlangführte, war mit Vorsicht zu genießen. Und ja, beim Blick in die Tiefe hatte ich richtige Angst. Doch meistens waren viele der Ängste, die ich hatte, unbegründet. Es waren Bilder von zukünftigen Situationen, die in jenen gegenwärtigen Momenten niemals stattfanden. Genau diese, die unbegründeten Ängste, sind jene, die ich meine.

Ich meine jene Ängste, die mich klein machen. Die Ängste, die mein Licht vor der Dunkelheit verbergen. Die Angst davor machtvoll sein zu dürfen. Immer wieder sehe ich Menschen, die dieses oder jenes erreichen und selbst glaube ich, ähnliches nicht selbst zu können, zu dürfen. Ich frage mich, wer bin ich denn eigentlich zu glauben, ich könnte talentiert, kreativ und leuchtend sein. Und dann kehre ich zurück in mein Schneckenhaus, anstatt mich selbst zu fragen, wer ich bin, es nicht sein zu dürfen. Vielleicht sollte ich mich des Öfteren daran erinnern, das es niemanden dient, mich klein zu halten, am wenigsten mir selbst. 

Es ist die Angst davor, dass Menschen über mich lachen könnten, wenn ich Dinge tue, die andere vielleicht nie tun würden. Es ist die Angst vor der Ablehnung, weil einige Vorhaben anders sind und den Erwartungen der Menschen nicht gerecht werden würden. Aber muss ich den Erwartungen anderer entsprechen? Nein. Das muss ich nicht. Und wie viele Menschen wurden zuerst ausgelacht, nieder gemacht und dann kopiert? Wie viele Menschen leben ein trostloses Leben, weil sie es nicht wagen aus der Herde auszubrechen und ihren eigenen Weg zu gehen. Zu welcher Sorte Mensch möchte ich gehören? Ich glaube, diese Frage erübrigt sich.

Während ich darüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich in meinem Leben schon einige Menschen enttäuscht habe. Und heute beschließe ich, ihnen allen zu verzeihen. Ich verzeihe Ihnen, dass sie Erwartungen hatten, die ich nicht erfüllen wollte. Es tut mir leid, dass ich ihnen die Macht gab, Erwartungen an mich zu haben. Es ist und war nie mein Fehler, dass diese nicht erfüllt wurden. Und es wird zukünftig nichts mit mir zu tun haben. Mir selbst verzeihe ich, dass ich stetig versucht war, die Erwartungen anderer zu erfüllen und mich selbst dafür verbogen habe. Ich verzeihe mir, dass ich Angst davor hatte, mutig zu sein, Angst davor hatte, zu leuchten und ich verzeihe mir, dass ich mich selbst daran gehindert habe, zu glauben, großartig sein zu dürfen. 

Tom Hiddleston meinte mal: „Wir haben alle zwei Leben. Das Zweite beginnt, wenn Du erkennst, dass Du nur eines hast.“ Vielleicht ist es jetzt endgültig an der Zeit, genau das zu kennen. Nein. Nicht vielleicht. Es ist an der Zeit. Jetzt.