Sechs.
An Regen und Sturm ist gerade gar nicht zu denken. Die Sonne blinzelt zaghaft durch die Scheiben. Sie erinnert mich daran, dass der Frühling vor der Tür steht. Ich, gerade dabei für ein Unternehmen ein Video zu schneiden, freue mich darüber. Mit einem Lächeln im Gesicht mache ich mich auf in die Küche, um einen Kaffee zu kochen. Alexandra ruft an. Wir müssen über Farben und Formen, über Fotos und Geschichten sprechen. Die neue Saison steht in den Startlöchern. Genau wie der Frühling. Die Kaffeemaschine brummt. Ich mag den Kaffeevollautomat. Selbst wenn er zuweilen doch etwas Arbeit macht.
Die Welt soll wissen, dass ich Kaffee trinke. Deshalb mache ich auf dem Rückweg einen kleinen Stopp vor dem Kamin. Vor diesem steht ein altes, halbes Weinfass. Dieses dient mir als Tisch. Als ich es bekam, roch das Holz nach gutem Rotwein. Lange her. Obwohl ich keinen Alkohol trinke, mochte ich den Geruch. Wenn der Tisch eines Tages aufgrund von Trockenheit auseinander fallen sollte, kaufe ich einen ähnlichen nochmal. Nicht nur wegen dem Geruch. Auch wegen der Optik. Die Kaffeetasse macht sich einfach gut auf dem dunklen Holz. Die Tasse an sich ist ebenfalls schön. Bunzlauer Töpferware. Nur so am Rande.
Gestern meinte jemand, eher etwas abwertend, ich hätte keinen Stress. Er war der Überzeugung, ich würde mir keinen machen. Ganz unrecht hatte er nicht. Ich nahm diesen Seitenhieb nicht persönlich, kannte diese Person mich gar nicht, sondern glaubte nur, mich zu kennen. Stress löst bei mir immer eine fiese Schuppenflechte aus. Diese kann so stark werden, dass meine komplette Kopfhaut sich in ein Meer aus Schuppen verwandelt. Einige können so groß wie ein Fingernagel werden. Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als mich von meinem Haupthaar zu trennen, damit ich die Kopfhaut mit speziellen Salben behandeln kann. Meine Hautärztin, vor einigen Jahren, wäre fast verzweifelt. Wenn Stress ein Statussymbol sein soll, verzichte ich gerne auf diesen Status.
Zurück am Schreibtisch schaue ich mir wieder die Videoschnipsel der letzten Woche an. Anlagenbau. Zwei Männer tragen ein riesiges Rohr, ein Mann schweißt Einzelteile zusammen. Aus diesen kleinen Schnipseln entsteht ein kurzes Video. Zur Mitarbeitergewinnung. Anschließend ist ein Video der Elektrotechnik dran. Heute ist Mittwoch. Morgen Donnerstag. Mein Tag. Diesen, so habe ich mir überlegt, nutze ich zukünftig, um eigenen Content zu erstellen. Für Instagram. Für YouTube. Und später, am Nachmittag, arbeite ich an meinem Manuskript weiter.
Nein. Ich habe selten Stress. Nur zeitweise. An einigen Tagen. Stress überlasse ich lieber den großen und kleinen Unternehmern, die sich dann, am Wochenende am Stammtisch darüber echauffieren können, wie anstrengend ihr Leben ist. Und ich glaube, dass sie später, an einem der Tage, kurz bevor sie sterben, bereuen werden, dass sie sich ihr Leben so anstrengend gestaltet haben. Stress mag ein Statussymbol sein, genau wie teure Uhren, dicke Autos, weitentfernte Urlaube oder riesige, große Häuser. Mir hingegen ist ein Kaffee auf einem alten Weinfass und eine gesunde Kopfhaut wichtiger. Und die Tatsache, dass ich zuweilen lachen kann, weil ich wieder irgendeinen Unsinn im Internet veröffentliche.
Meine größte Sorge gerade? Der Kaffee könnte kalt werden. Aber am Ende ist das ist nicht weiter tragisch. Ich mag kalten Kaffee.