Einundzwanzig.
Als ich neulich unterwegs war, kam ich an einem Gebäude vorbei, in dem ein Bekannter einst ein kleines Geschäft hatte. Dieses war dort nicht mehr zu finden. Ich gebe zu, dass diese mir bekannte Person ein entfernter Bekannter ist und wir nur gelegentlich Kontakt haben. Eher selten, sozusagen. Doch obwohl ich ihm in den sozialen Medien folge, habe ich von der Schließung des Standortes nichts mitbekommen. Warum er sein Geschäft dort geschlossen hat, kann ich nicht sagen. Er wird seine Gründe gehabt haben und wie diese Gründe aussahen, ist aus meiner Sichtweise betrachtet, nichts als wilde Spekulation ohne festes Fundament. Natürlich könnte ich ihn fragen, doch am Ende geht es mich gar nichts an.
Während der weiteren Fahrt dachte ich über derartige Dinge nach. Nicht über diese Schließung im speziellen, sondern viel mehr darüber, wie wir Menschen in den sozialen Netzwerken oftmals Dinge kommunizieren. Gerade aus unternehmerischer Sicht. Was das Unternehmerische betrifft, bin ich sicherlich keine Koryphäe, kein Überflieger, niemand der für seine Leistungen hochdekoriert ausgezeichnet wird, dennoch fällt mir immer wieder auf, dass die Kommunikation nach außen, für die meisten Unternehmen, eine Einbahnstraße ist. Die meisten Beiträge, Fotos, Statusmeldungen zeigen nur den Weg nach oben. Falls es Misserfolge, Rückschläge oder ähnliches gab, wird über diese stets der Mantel des Schweigens gelegt. Damit meine ich an dieser Stelle nicht die Schließung des erwähnten Standortes, denn wie bereits erwähnt, kenne ich die Gründe nicht. Sie war allerdings der Auslöser meiner kleinen Gedankenkette.
Authentizität. Ein Wort, welches ich besser schreiben als aussprechen kann. Viele Menschen möchten authentisch sein, viele Beraterinnen und Berater raten immer wieder dazu, authentisch zu werden. Doch was bedeutet der Begriff Authentizität eigentlich? Für mich bedeutet es, dass ich mich im außen so zeige, wie ich im inneren bin. Es heißt, dass unser Handeln nicht durch äußere Einflüsse bestimmt wird, sondern in uns selbst begründet liegt. Tatsächlich lässt sich das ebenfalls leichter sagen, bzw. schreiben, als es die Umsetzung im echten Leben ist. Wobei? Das stimmt so nicht ganz. Im positiven gesehen, ist Authentizität etwas, das sehr leicht von der Hand geht. Wenn ich mich freue, wenn ich ein für mich erfolgreiches Erlebnis habe, fällt es mir leicht, es der Welt mitzuteilen. Habe ich einen Misserfolg, Angst, bin ich traurig, niedergeschlagen oder habe ich eine Absage erhalten, bleibe ich lieber leise und hänge das Alles nicht an die große Glocke. Läuft etwas nicht gut, bleibt die Authentizität in meinem Fall unter einer schweren Betonschicht verborgen.
Während der Fahrt dachte ich intensiv darüber nach, warum es auf der einen Seite so leicht ist, auf der anderen Seite hingegen so furchtbar schwer. Die Antwort darauf zu finden, dauerte nicht lange. Die meisten Menschen haben Angst vor Ablehnung und ich zähle mich dazu. Ich habe Angst vor Ablehnung. Ich meine, wer hat schon wirklich Bock darauf, abgelehnt, als „nicht gut genug“ abgestempelt zu werden. Das dem so ist, habe ich in den letzten Wochen intensiv bemerkt, während ich mich selbst immer wieder in Frage gestellt habe. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich oftmals in verschiedene Rollen geschlüpft bin, von denen ich glaubte, sie wären interessant. Beiträge, Postings, Fotos, von denen ich glaubte, sie würden „draußen“ nicht gut ankommen, habe ich nie veröffentlicht. Es war oftmals die Angst vor Ablehnung, die mitbestimmt hat, ob ich etwas sage, schreibe, zeige oder ob ich es einfach sein lasse. Authentizität? Bitte nur in eine Richtung.
Es ist, wie es ist. Ein Schlüsselsatz, der mir in letzter Zeit unheimlich gut tut. Und dieser Satz ist vielleicht sogar der Schlüssel zur Überwindung der Angst vor Ablehnung. Es ist, wie es ist. Nicht jeder Mensch mag mich. Nicht jeder Mensch, teilt meine Ansichten. Immer wieder wird es Menschen geben, die blöd, unsinnig oder sogar dumm finden, was ich tue. Das ist für mich mittlerweile vollkommen in Ordnung, denn ich habe damit, dass nicht alle Menschen erreichen zu können, meinen Frieden geschlossen. Mehr noch: Ich möchte gar nicht, dass mich alle Menschen auf meiner Reise begleiten. Es ist nicht mein Ziel, all die Menschen da draußen mit in meine Welt zu nehmen. Viel mehr möchte ich die Menschen ansprechen, zu denen ich passe. Die Menschen, die ähnliche Werte, ähnliche Überzeugungen und Vorstellungen vom Leben haben. Authentizität heißt nicht so zu sein, dass alle einen mögen. Authentizität bedeutet anzuecken und in Kauf zu nehmen, nicht von jedem gemocht zu werden.
Natürlich steht es mir gar nicht zu, irgendjemandem Ratschläge zu erteilen und wer was in die Öffentlichkeit tragen möchte, bleibt zum Glück jedem selbst überlassen. Doch ich persönlich finde Gefallen an dem Konzept der Authentizität. Ich glaube, ich finde es gut, auch mal Dinge zu erwähnen, die mir nicht gelingen, von Situationen zu erzählen, in denen mir Fehler unterlaufen sind oder von Momenten zu schreiben, in denen ich gescheitert bin. Stoff dafür hätte ich genug. Allerdings liegen dieser in der Vergangenheit und was diese Geschichten betrifft, habe ich mir längst selbst verziehen. Aber generell: Ich find es gut, auch mal zu sagen, wenn etwas in die Hose geht. Authentizität. Muss nicht jeder gut finden.