Starker Regen prasselt auf den dunkelschwarzen Asphalt. Die Fahrbahnmarkierungen sind im Dunst des Wetters nur schwer zu erkennen. Auf einem Rastplatz stehen LKW eng an eng. Es ist Sonntag, kurz nach eins. Gemäß § 30 Abs. 3 und 4 der Straßenverkehrsordnung dürfen diese in der Zeit von 0 bis 22 Uhr nicht bewegt werden. Bestimmt gibt es Ausnahmen, doch diese sind mir nicht bekannt. Macht nichts. Aus den Lautsprecherboxen tönt „The Foreverlost“ von Ville Valo und meine Gedanken hängen an einem grandiosen Abend, der gerade erst sein Ende gefunden hat.

Als die Reifen durch eine schwere, tiefe Pfütze preschen und das Wasser lautstark zu den Seiten verdrängen, reißt mich der erschreckende Ton rasend schnell aus meinen Gedanken. 140 Stundenkilometer sind zu schnell für dieses Wetter. Ich reduziere die Geschwindigkeit um 40 herunter und blicke in den Rückspiegel. Ich bin allein auf der Autobahn, eineinhalb Stunden, bis ich zuhause bin. Vielleicht wird es länger dauern. Doch besser spät als nie.  

Die Texte hier im Blog sind zeitversetzt. Meistens erzählen sie vom vergangenen Tag. Von der Vergangenheit. Von dem, was war. Und während ich gleich die Speicherkarten für den nächsten Termin einpacke, schreibe ich jetzt über meine Erinnerungen von gestern. Vielleicht ist ein Konzertbesuch für viele nichts Außergewöhnliches. Für mich hingegen war es etwas Besonderes. Mein letztes Konzert? Ich glaube es war 2013. 

Meine Spiegelreflexkamera hatte ich nicht dabei. Lediglich mein Smartphone stand mir für Aufnahmen zur Verfügung. Allzu viele Fotos und Videos wollte ich eh nicht machen, denn das Erleben des Konzertes mit meinen eigenen Sinnen stand für mich im Vordergrund. Dennoch konnte ich es nicht lassen. Es gibt Leute, die darüber die Nase rümpfen über jene, die Konzerte mit dem Smartphone festhalten. Mir persönlich ist es egal. Jeder darf, wie sie oder er möchte und mir steht es nicht zu darüber zu urteilen.     

Die Fabrik in Hamburg ist ein erstklassiges Gebäude. Kein großer Konzertsaal, eher ein Raum mit Charme. Es war ein kleines Konzert und der Sänger, Ville Valo, war sichtlich gut gelaunt. Er sprach nicht viel. Stattdessen konnte man an dem Lächeln in seinem Gesicht erkennen, dass ihm gefiel, was er tat. Und diese Leidenschaft für die Musik übertrug sich auf die Besucherinnen und Besucher. Überall fröhliche, gut gelaunte und begeisterte Gesichter.    

Die Vorband Kælan Mikla, eine isländische Post-Punk Band war zunächst etwas gewöhnungsbedürft. Das gebe ich zu. Sie klang anders als vieles, was ich bis dato kannte. Doch als ich mich erst einmal auf diese andere Art Musik eingelassen hatte, gefiel sie mir recht gut. Ich werde kein Fan, das steht fest, aber dass sie mir gar nicht gefallen hat, kann ich nicht sagen. Es war anders und anders bedeutet nicht schlecht.

Ville Valo hingegen war überragend. Von der Leidenschaft habe ich bereits erzählt, die Songauswahl der gespielten Stücke war sehr gut. Es gab alte HIM-Songs und Songs seines neuen Albums. Einige davon habe ich stark gefeiert, andere weckten tiefere Emotionen und Erinnerungen. Ein Konzert zu beschreiben ist eben immer auch eine persönliche Sache. Um die Technik zu beurteilen, fehlt mir die tiefere Kenntnis. Deswegen lasse ich es. 

Um kurz vor drei fuhr ich den Wagen auf den Hof. Es hatte aufgehört zu regnen. Stille lag über den Dächern des Dorfes. Von der Aufgeregtheit der Großstadt war hier nichts zu spüren. Lediglich der Klang des Vergangenen lag noch in meinen Ohren, als ich die Bettdecke zum Hals zog. Ich schlief nicht direkt ein. Ich schlief nicht zu lange. Keine drei Stunden. Doch das ist in Ordnung. Es ist Sonntag und nur ein Termin, eher privater Natur, steht im Kalender. Doch davon erzähle ich ein anderes Mal. Morgen. Nicht heute.