Achtundvierzig.

Hundeleben

Ich sag’s dir wie’s ist. Es gibt Tage, da kommt mir mein Leben vor wie ein Bingo-Spiel im Seniorenheim, besonders wenn ich es mit dem aufregenden Leben anderer Leute vergleiche. Ich weiß, ich weiß, die ständigen Vergleiche sind wie ein Schlag in den Magen meiner Lebenslust, aber was soll ich tun? Während ich in den sozialen Netzwerken sehe, wie einige Partymenschen die Stadt in Atem halten und andere in diesem „Gym“ – wie man heutzutage sagt, weil „Fitnessstudio“ altmodisch klingt wie „VHS-Kassette“ – ihre Muskeln stählen, hänge ich in meiner Jogginghose – grau wie der Himmel im November – auf dem Sofa herum, vernichte den übrig gebliebenen Kartoffelsalat und lasse mich von der nächsten Folge Virgin River berieseln. Versteh mich nicht falsch, Virgin River ist wirklich ein seltenes Kleinod unter den TV-Serien – eine echte Perle in der Wüste der Fernsehunterhaltung, wie ich finde. Und dennoch fehlt da der Adrenalinschub, der solch einen Abend zur unvergesslichen Achterbahnfahrt werden lässt.

Mein persönlicher Höhepunkt des heutigen Tages ist jedoch wahrlich von epischen Ausmaßen: ich hab‘ eine Versicherung für meinen Hund abgeschlossen. Zack! Fünfzig Millionen Euro in der Tasche für alle erdenklichen Sach- und Vermögensschäden und nochmal zwanzig Millionen, falls mein treuer Gefährte Talko sich dazu entschließt, seine Zähne in einen ahnungslosen Passanten zu schlagen. Und das Beste an der Sache ist, dass ich alles in meiner Pyjamahose vom Sofa aus erledigen konnte. Kein nerviges Verkaufsgespräch, kein Versicherungsfuzzi in meinem Wohnzimmer, kein stundenlanges Preisevergleichen. Nur Klick, Klick, Bumm – Talko ist versichert.

Jetzt kann ich beruhigt mit Talko durch die entferntesten Ecken des Feldes streifen, sicher, dass uns niemand sieht, und mit dem Wissen, dass mir nichts passieren kann. Normalerweise würde ich hier ein Loblied auf die Versicherung anstimmen, die mir dieses Gefühl der Sicherheit verschafft. Aber solange die nicht bereit sind, dafür zu zahlen, sage ich nur: Da müsst ihr noch ein bisschen warten, Leute!

Okay, am Sonntag wird hier der kleine Weimaraner-Wirbelwind einziehen. Während er wahrscheinlich schon seine Ideen für die vollständige Umgestaltung des Hauses skizziert, bin ich bestens vorbereitet. Ich habe mich durch die Hundeliteratur von Rüter, Fichtlmeier und all den anderen Hunde-Päpsten gekämpft. Jetzt bin ich bereit, hoch motiviert und kann es kaum erwarten, dem kleinen Weimaraner das ABC des Hundelebens beizubringen.

Amputieren zum Beispiel. Halt! Warte, das war ein Fehler. Apportieren! Aber Amputieren wäre auch nicht übel, besonders, wenn mal wieder diese nervigen Typen an meiner Tür klingeln und versuchen, mir den neuesten religiösen Schwindel aufzuschwatzen oder andere mir sonstigen Unsinn anzudrehen versuchen. Allerdings habe ich so das dumpfe Gefühl, dass die Versicherung bei Amputationen wahrscheinlich nicht einspringen wird. Bleiben wir also doch lieber beim Apportieren. Das ist für so einen leidenschaftlichen Jagdhund, wie es der Weimaraner nun einmal ist, sicherlich die bessere Option.

Aber okay, hier ist mein Plan: Heute sitze ich noch kartoffelsalatmampfend auf der Couch und morgen schon bin ich der Wachhund für meinen Welpen, bewache meine geliebten Sofakissen, schütze meine Stuhlbeine vor seinem scharfen Gebiss und versuche, ihn davon abzuhalten, den Teppich mit kleinen Häufchen „zu verzieren“. Mein Leben nimmt eine Kehrtwende um 180 Grad und jede Episode von VIRGIN RIVER wird zu meiner persönlichen Erlösung. Kein Scherz, diese Serie ist einfach großartig.

Ich fühle mich so sehr mit Jack verbunden, dass es fast schon weh tut. Trotzdem drücke ich ihm und Mel alle Daumen, dass sie ihren Weg finden werden. Und eine solche Hütte, wie Mel sie hat, Junge, die wäre genau das Richtige für mich.

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  1. […] rum, weil so ein Miniaturrevierwächter wie Talko natürlich auch gefüttert werden will, versichert sein möchte und ganz klar der Staat auch noch seine Pfoten im Spiel hat. Ein Hund ist halt kein […]

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